Auf das Tief folgt ein Hoch

Seit einem Monat habe ich mich hier nicht mehr gemeldet, was zum Einen damit zu tun hat, dass ich sehr viel um die Ohren hatte und zum Anderen gab es kaum Positives zu berichten. Den letzten Monat habe ich damit verbracht, von Haus zu Haus zu ziehen und mit der Organisation Lösungen für meine Probleme zu suchen. 

Als ich am 20.Juli meine Gastfamilie traf, sah alles super aus und ich habe mich geraume Zeit gut mit ihnen verstanden, abgesehen von einer Schwierigkeit, die ständig da war. Da ich keine Gastgeschwister hatte, war ich ständig mit meinen Gasteltern unterwegs, die sich sehr um mich kümmerten, vermutlich sogar zu sehr. Meine Gastmutter war überaus beschützerisch und mein Gastvater fühlte sich ständig benachteiligt im Vergleich zu meiner Gastmutter. Von Anfang an warf er mir vor, ich hätte kein Vertrauen in ihn, doch gegen Ende August spitzte sich die Lage zu und ich fühlte mich, als sei ich mich den ganzen Tag nur am rechtfertigen. Als ich mich an die Organisation wendete, weil ich das Gefühl hatte, dass meine Gasteltern mir nicht richtig zuhörten und schon gar nicht verstanden, wurde mein Gastvater unglaublich wütend und die Situation unerträglich, zumal er mir Dinge vorwarf, die nicht so abliefen. Da wurde ich mir bewusst, dass ich hier nicht bleiben konnte, weil ich in Costa Rica bin, um zu geniessen und nicht um wie auf Nadeln auf die nächste Problemsituation zu warten. Als ich bereits beschlossen hatte zu gehen, versuchten sie mich mit allen Mitteln umzustimmen, indem sie mir sagten, ich werde bestimmt nichts Besseres finden und sie werden wegen mir drei Monate weinen. Doch ich blieb dabei und so wurde ich von meiner lokalen Betreuerin abgeholt und verbrachte drei Tage bei ihr, bis für mich eine neue Familie gefunden war. Die Tage bei meiner Betreuerin taten mir sehr gut, sie verwöhnte mich in allen Fragen und ich begleitete sie zu ihrer Arbeit, wo ich viele neue Leute kennenlernte. Es schmerzte mich geradezu, als der Chef der neuen Organisation mich abholte, um mich zu meiner neuen Familie zu bringen, die fast drei Stunden entfernt von meiner ersten Stadt leben. Einerseits fiel es mir schwer, meine erste Stadt und vor allem die Schule zu verlassen, aber andererseits dachte ich mir, dass ein kompletter Neustart gar nicht so schlecht wäre. Von der Familie, die mich aufnehmen wollte, hatte ich schon einiges gehört, nicht nur Gutes, aber ich versuchte dennoch positiv auf sie zu zu gehen. Doch als ich bei ihnen ankam, traf mich fast der Schlag. Der Geruch im Haus war äussert unangenehm, mir blieb fast der Atem weg, die Hunde verrichteten ihre Geschäfte im Haus, das Badezimmer war ohne Dach, als ich mich auf das Sofa setzte, blieben Essensreste an mir kleben. Der Chef meiner Austauschorganisation, der mich begleitet hatte, war sichtlich geschockt und rief mich am selben Abend noch an, er könne mich nicht da lassen. Ich war so unendlich traurig und hatte keine Lust mehr, noch einmal um zu ziehen, eigentlich wollte ich nur noch in die Schweiz zurück. Schliesslich blieb ich fünf Tage bei dieser Familie, sehr nette Leute, die mir in diesen Tagen unheimlich viel Freiheit gaben, sodass ich das Zentrum erkunden und mich mit einer Freundin treffen konnte, die in dieser Region platziert ist. Ich fühlte mich also sehr wohl zwischenmenschlich, was das Ganze etwas leichter machte. Als sie erfuhren, dass ich bereits wieder ging waren meine Gasteltern zum Glück nicht wütend, vermutlich konnten sie den Entscheid meiner Organisation und mir nicht ganz nachvollziehen, aber zumindest konnte ich mich friedlich verabschieden. Manfred (der Chef der Organisation und mein jetziger Betreuer) war es sehr unangenehm, dass ich die Familie erneut wechseln musste und deshalb suchte er persönlich meine nächste Familie aus, die er auch selber interviewt hatte, damit er sicher sein konnte, dass dieses Mal keine bösen Überraschungen mehr auf mich warteten. 

Jetzt bin ich seit Mittwoch in meiner neuen Familie, die mir wie ein Segen erscheint. Als sie mich begrüssten überkam mich eine erste Erleichterung. weil sie so herzlich und sympathisch sind, als ich in das Haus trat überkam mich die nächste Erleichterung. Die Konditionen stimmten auf jeden Fall mit den Anforderungen der Organisation überein. Ich lebe jetzt also in Ciruelas, Alajuela, hoffentlich meine letzte Station hier in Costa Rica. Die Schule habe ich bereits besucht, allerdings nur um meine zukünftigen Mitschüler kennen zu lernen. Ich werde auf eine private Schule gehen, somit muss ich mich auch nicht mehr um Streiks kümmern. Es scheint also endlich so, als warteten nur noch gute Dinge auf mich und ich geniesse ab jetzt jeden einzelnen Moment.