Der 15. Geburtstag eines Mädchens

Die Ticos und Ticas lieben es zu feiern- Baby Shower, Geburtstage, Reunionen, aber bedeutender als alles andere ist der 15. Geburtstag eines Mädchens. Das Geburtstagskind trägt ein riesiges Kleid, das glitzert und funkelt und beim Tanzen so schön hin- und herschwingt, vor der Feier geht man ins Kosmetikstudio und zum Coiffeur und tatsächlich wird der Gefeierten eine Krone aufgesetzt. Das weiss ich alles so genau, weil ich vor zwei Wochen an der Geburtstagsfeier meiner Cousine Maria Paula war. 105 Leute wurden eingeladen, davon der Grossteil Familienangehörige, die von weither kamen, um bei dem Fest dabei zu sein. Die Feiern laufen fast immer gleich ab, die Leute kommen an, setzen sich an Tische, die so dekoriert sind, dass die Farben mit dem Kleid der Gefeierten und deren Begleiter abstimmen. In einer Ecke steht ein DJ, der Fotograf oder die Fotografin geht herum und fotografiert bereits die aufgemachten Gäste, jeder bestaunt schon mal die üppige Torte, die ebenfalls in den passenden Farben dekoriert wurde. Nach einiger Zeit betreten dann die sogenannten "acompañantes" den Raum, immer ein Mädchen zusammen mit einem Jungen, natürlich ist die Kleidung ebenfalls farblich angepasst an das Geburtstagskind. Zehn dieser Paare gehen also durch den Raum, um sozusagen die Spannung steigen zu lassen, wie wohl die Hauptperson des Abends aussieht. Sobald sie den Raum betritt, begleitet von ihren Eltern, wird das Lied gewechselt, meistens auf "no crezcas más", das davon singt, dass man mit 15 Jahren kein Kind mehr ist. Oftmals betritt das Geburtstagskind den Raum in Turnschuhen, sodass sie sich ehrenvoll auf einen Stuhl setzen kann und sich die Tanzschuhe von ihrer Begleitung, also oft dem Vater anziehen lässt. Gleich darauf eröffnet sie die Tanzfläche und die Party beginnt, es wird Bachata, Merengue und Salsa getanzt und fleissig fotografiert, nicht zu vergessen vor dem riesigen Fotorahmen, dekoriert mit Blumen und goldener Schrift. Genau so erlebte ich den Geburtstag von Maria Paula, abgesehen von dem Part mit dem Schuhe wechseln, den sie lieber weglassen wollte. Im Allgemeinen wurde mir erzählt, dass der 15. Geburtstag längst nicht mehr so traditionell gefeiert wird, die Gäste machen sich nicht mehr gleich schick und bereits um 22:00 Uhr ist der Saal leer. Die Mädchen haben immer die Wahl zwischen Fest und Reise, viele bevorzugen mittlerweile die Reise, was ich gut verstehen kann, weil viele hier ihr eigenes Land noch nie verlassen haben, da ist der 15. Geburtstag eine gute Gelegenheit, etwas mehr von der Welt zu sehen. Das Erreichen von 15 Jahren ist also unglaublich bedeutend für ein Mädchen, aber der Junge feiert diesen Geburtstag wie jedes andere Jahr auch, also oftmals einfach als Familienzusammenkunft. Der Grund für die Feier ist nämlich, dass hier in Costa Rica die Mädchen ihre Kindheit hinter sich lassen mit 15 Jahren und angeblich bereit sind, Kinder zu bekommen, was in unseren europäischen Augen kaum vorstellbar ist, da man mit 15 Jahren frühstens die Schule abschliesst und das jugendliche Leben erst so richtig beginnt. Hier war es auch sehr lange nicht ungewöhnlich, dass die Mädchen gar nicht erst zu arbeiten anfangen oder dann früh wieder damit aufhören, also Zeit haben, Kinder zu pflegen. Diese Vorstellungen sind daran, geändert zu werden und deshalb sind die Feiern nicht mehr das Gleiche, weil der Hintergrund so langsam verschwindet. Mit einer Reise an einen Ort, an dem man schon immer wollte, wird dieser Gedanke natürlich viel weniger zelebriert und deshalb wird diese Art, den Geburtstag zu feiern, immer kommuner. Umso blöder jedoch für die Jungen, denn wer möchte schon nicht auf Reisen gehen? 

Lustigerweise habe ich noch niemanden gehört, der sich über diese Ungerechtigkeit beschwert hat, vermutlich ist es einfach sonnenklar, dass das alleine etwas für die Mädchen ist. 

Ein weiterer Anlass zu feiern ist der "día de la cultura", den ich in der Schule verbracht habe. Die Klassen werden in Gruppen aufgeteilt, die dann alle Spezialitäten aus unterschiedlichen Ländern zubereiten und verkaufen, der Verdienst wird dann an einen Wohltätigkeitsverein gespendet. In der Primarschule meiner kleinen Gastschwester wurde Bingo gespielt bis zum Umfallen und alle kamen verkleidet als Indianer und diesen Samstag findet ein riesiger Tanzanlass statt. Man sieht also, die Ticos und Ticas lieben es, zusammen zu kommen, für sie ist das Leben ein Fest!